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Gewinnermittlung: Anforderungen an die passive Rechnungsabgrenzung

 

| Der Bundesfinanzhof hat sich jüngst mit den Voraussetzungen für die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens (RAP) bei zeitraumbezogenen Leistungen befasst. |

 

 

Hintergrund

 

Wird der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung) ermittelt, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahrs das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist.

 

Nach § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) – gleichlautend in § 250
Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) – sind als RAP auf der Passivseite der Bilanz Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.

 

Dies soll gewährleisten, dass ein vom Steuerpflichtigen vorab vereinnahmtes Entgelt entsprechend dem Realisationsprinzip erst dann (durch Auflösung des passiven RAP) erfolgswirksam wird, wenn der Steuerpflichtige seine noch ausstehende Gegenleistung erbracht hat.

 

Da das bezogene Entgelt am jeweiligen Bilanzstichtag nur insoweit abzugrenzen ist, als es Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellt, muss eine Verpflichtung zu einer nach diesem Bilanzstichtag (zumindest zeitanteilig) noch zu erbringenden Gegenleistung bestehen. Das bedeutet: Für eine bereits vollzogene Leistung darf eine Rechnungsabgrenzung nicht erfolgen.

 

Wegen der für eine Rechnungsabgrenzung erforderlichen zeitlichen Zuordenbarkeit des Entgelts („bestimmte Zeit“) muss die noch ausstehende Gegenleistung zeitbezogen oder periodisch aufteilbar sein. Ist der Zeitraum unbekannt, über den hinweg die geschuldete Leistung erbracht werden muss, steht nicht fest, in welchem Umfang die erhaltene Einnahme zu Ertrag geworden ist.

 

Entscheidung

 

In seiner Entscheidung hat der Bundesfinanzhof nun insbesondere Folgendes herausgestellt:

 

  • Eine Schätzung der „bestimmten Zeit“ als Tatbestandsvoraussetzung für eine passive Rechnungsabgrenzung erhaltener Einnahmen ist zulässig, wenn sie auf „allgemeingültigen Maßstäben“ beruht. Daran fehlt es, wenn die angewendeten Maßstäbe auf einer Gestaltungsentscheidung des Steuerpflichtigen beruhen, die geändert werden könnte.
  • Eine Passivierung erhaltener Zahlungen für eine noch ausstehende zeitraumbezogene Leistung ist nicht als erhaltene Anzahlung, sondern nur unter den Voraussetzungen der passiven Rechnungsabgrenzung möglich.

Praxistipp | Bilanzierenden wurde durch das Jahressteuergesetz 2022 ein Wahlrecht eingeräumt (§ 5 Abs. 5 S. 2 EStG): Danach kann der Ansatz eines RAP unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme den Betrag des § 6 Abs. 2 S. 1 EStG (= 800 EUR) nicht übersteigt.

 

Das Wahlrecht gilt erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2021 enden und ist einheitlich auszuüben.

 

Quelle | BFH-Urteil vom 26.7.2023, Az. IV R 22/20, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 237556