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Investmentsteuergesetz: Musterverfahren anhängig

| Zum 1.1.2018 ist das Investmentsteuerreformgesetz (InvStG) in Kraft getreten. Hierdurch wurde die Besteuerung von in- und ausländischen Fonds grundlegend verändert. Das vormals geltende Transparenzprinzip wurde durch das intransparente Besteuerungssystem abgelöst. Aktuell ist eine Musterklage beim Finanzgericht Köln anhängig, die sich auf das Zusammenspiel zwischen dem Übergang von der Alt- zur Neuregelung und der laufenden Fondsbesteuerung bezieht. |

 

Sachverhalt (leicht abgewandelt)

Ein Anleger hatte in den Jahren 2015 bis 2017 für rund 40.000 EUR Anteile an einem Aktienfonds erworben. Zum 31.12.2017 betrug der Kurswert dieses Fonds 46.100 EUR. Bis
Ende September 2020 sank der Kurs auf rund 40.600 EUR. Daher entschied sich der Anleger zum Verkauf des Fonds. Die depotführende Bank behielt zum Zeitpunkt der Veräußerung Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlag i. H. von 726 EUR ein, obwohl der wirtschaftliche Gewinn lediglich rund 600 EUR betragen hatte.

Berechnung

Übergang von der Alt- zur Neuregelung

Die Fondsanteile gelten mit ihrem Wert vom 31.12.2017 als veräußert und mit demselben Wert als neu angeschafft (§ 56 Abs. 2 InvStG).

Fiktiver Veräußerungsgewinn (46.100 EUR – 40.000 EUR)

6.100 EUR

Der entstehende Veräußerungsgewinn muss erst versteuert werden, wenn die Fondsanteile tatsächlich veräußert werden (§ 56 Abs. 3 InvStG).

Verkauf 2020:

Veräußerungspreis

   40.600 EUR

abzüglich fiktive Anschaffungskosten

– 46.100 EUR

Verlust

– 5.500 EUR

davon steuerfrei (30 %)

– 1.650 EUR

davon steuerpflichtig

– 3.850 EUR

zuzüglich fiktiver Veräußerungsgewinn

+ 6.100 EUR

steuerpflichtig

2.250 EUR

Merke | Durch die Anwendung der sogenannten Teilfreistellung wird der wirtschaftliche Verlust nicht berücksichtigt (vgl. BMF-Schreiben vom 21.5.2019, Az. IV C 1 - S 1980-1/16/10010 :001, Rz. 20.2).

 

In dem beim Finanzgericht Köln anhängigen Musterverfahren sieht der Anleger im vollständigen Ansatz des fiktiven Veräußerungsgewinns zum 31.12.2017 verbunden mit der nur anteiligen Berücksichtigung der fiktiven Veräußerungsverluste seit dem 1.1.2018 durch die seither geltende Teilfreistellung einen Verstoß gegen das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sowie gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG.

 

Praxistipp | Steuerpflichtige sind gut beraten, ihre Erträgnisaufstellungen und die Berechnung der Höhe der Kapitalertragsteuer auf diese Fälle hin zu prüfen. Betroffene Anleger können unter Verweis auf das anhängige Musterverfahren Einspruch einlegen und ein Ruhen des Verfahrens beantragen.

 

Quelle | Verfahren vor dem FG Köln: Az. 15 K 2594/20; Investmentsteuerreformgesetz, BGBl I 2016,
S. 1730; BMF-Schreiben vom 21.5.2019, Az. IV C 1 - S 1980-1/16/10010 :001, Rz. 20.2