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Bundesfinanzhof klärt Fragen zur Ist-Besteuerung im Gründungsjahr

 

Die Umsatzsteuer wird grundsätzlich nach vereinbarten Entgelten (Soll-Besteuerung) berechnet. Unter gewissen Voraussetzungen kann die Umsatzsteuer antragsgemäß auch nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) berechnet werden, sodass ein Liquiditätsvorteil möglich ist. Der Bundesfinanzhof hat sich nun in zwei Verfahren zu den Voraussetzungen der Ist-Besteuerung in Neugründungsfällen geäußert.

 

Hintergrund

 

Das Finanzamt kann nach § 20 Umsatzsteuergesetz auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer,

  1. dessen Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 EUR betragen hat oder
  2. der von der Verpflichtung, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 Abgabenordnung befreit ist oder
  3. soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz ausführt, die Umsatzsteuer nicht nach den vereinbarten  Entgelten, sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet.

 

Sichtweise des Bundesfinanzhofs

 

Der Bundesfinanzhof ist der mit der Revision vorgetragenen Meinung des Unternehmens nicht gefolgt, dass bei jeder Unternehmens-Neugründung im Erstjahr stets die Voraussetzung für eine Ist-Besteuerung hinsichtlich der definierten Umsatzgrenze (600.000 EUR) erfüllt ist. Vielmehr ist es bei Neugründungen erforderlich, den Gesamtumsatz bis zum 31.12. des Erstjahrs zu schätzen und diesen voraussichtlichen Gesamtumsatz auf einen für das ganze Jahr prognostizierten Gesamtumsatz hochzurechnen.

 

Merke | Die Umsätze des Erstjahrs sind nach den Grundsätzen der Soll-Besteuerung (also nach vereinbarten Entgelten) zu schätzen. Die Ist-Besteuerung findet erst dann Anwendung, wenn sie das Finanzamt genehmigt hat.

 

Quelle | BFH-Urteil vom 11.11.2020, Az. XI R 40/18, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 221370; BFH-Urteil vom 11.11.2020, Az. XI R 41/18, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 221369